NWB Verlag
NWB ist ein in dritter Generation geführtes Familienunternehmen mit Sitz in Herne. Der NWB Verlag hat seinen Schwerpunkt in den Themenbereichen Steuerrecht, Wirtschaftsrecht und Rechnungswesen sowie mit der Marke Kiehl in den Bereichen kaufmännische Aus- und Weiterbildung. Das Produktportfolio besteht aus 17 Zeitschriften, einem Buchprogramm mit über 400 lieferbaren Titeln, zahlreichen Fach-Datenbanken und einem umfangreichen Digital-Portfolio. Unter dem Dach der NWB Akademie finden jährlich ca. 400 Seminare, Tagungen, Inhouse-Trainings und Online-Seminare statt. Darüber hinaus gehört zur NWB Gruppe der Kölner Branchenpresseverlag und Informationsdienstleister JUVE, der SIS Verlag aus Grasbrunn bei München und eine Beteiligung an dem Steuerrechts-Institut KNOLL in München.
Änderungsvorschläge der EU-Kommission im Rahmen der Initiative „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter"
Auch 30 Jahre nach Einführung der als 4-jährige Übergangsregelung gedachten Bestimmungen zum Binnenmarkt kehrt in diesem Teilbereich des Umsatzsteuerrechts keine Ruhe ein, von einem endgültigen und durchdachten Umsatzsteuersystem sind wir weit entfernt. Auch in den nächsten Jahren ist mit umfangreichen Änderungen sowohl der MwStSystRL als auch der MwStVO zu rechnen, insbesondere im Rahmen der Initiative „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ („VAT in the Digital Age - VIDA). Die wichtigsten Änderungsvorschläge sind dabei:
- Einführung eines verbindlichen digitalen Meldesystems anstellte der bisherigen Zusammenfassenden Meldung,
- Einführung einer verbindlichen elektronischen Rechnung in einem strukturierten Format für Lieferungen und Dienstleistungen im Europäischen Binnenmarkt,
- Einführung weiterer Pflichten für Plattformbetreiber,
- Erweiterung des Reverse-Charge-Verfahrens,
- Einführung einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung und Ausweitung des OSS-Verfahrens und des IOSS-Verfahrens.
Die Änderungen sollen zu unterschiedlichen Zeitpunkten bis zum 1.1.2028 in Kraft treten und lösen bei den betroffenen Unternehmern neben erheblichen Kopfschüttelns einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand aus. Die Kommission sieht angesichts der fortschreitenden Digitalisierung erheblichen Änderungsbedarf, ohne aber trotz des zudem unstreitigen enormen Reformbedarfs im gesamten Mehrwertsteuerrecht die Chance zu ergreifen, das System zu reformieren. Eine Abkehr vom bisherigen Mehrwertsteuersystem der Erhebung auf jeder Stufe in der Unternehmerkette und eine Erhebung der Mehrwertsteuer nur noch auf der letzten Stufe bei Leistungen an Endverbraucher ist angesichts einer europaweiten Mehrwertsteuerlücke von rund 90 Mrd. Euro allein im Jahr 2020 dringend anzuraten.
Hinweis:
Das Europäische Parlament schlägt mittlerweile eine Verschiebung des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Bestimmungen um 2 weitere Jahre vor, ohne aber die Regelungen selbst in Frage zu stellen. Nach Ansicht der Abgeordneten sollte die Kommission die Wirkung ihrer Vorschläge in der Praxis nach dem 31.12.2027 durch eine unabhängige Stelle überprüfen lassen.
Kerninhalt ist die Einführung einer verbindlichen elektronischen Rechnung, eingebettet in ein neues digitales Meldepflicht-System (digital reporting requirement). Dieses Zusammenspiel ist die Grundlage für einen Austausch umsatzbasierter Daten als neuer Kontrollmechanismus zur Vermeidung der Steuerhinterziehung und des Missbrauchs. Die Kommission strebt einen Austausch von Daten nahezu in Echtzeit an. Das System enthält dann nicht, wie bisher die Zusammenfassende Meldung, verdichtete Daten in Bezug auf jeden Steuerpflichtigen, sondern umsatzbezogene Einzeldaten, mithin eine Vielzahl von Einzelmeldungen auch nur bei einem Kunden mit umfassenden Einkäufen im Voranmeldungszeitraum. Das zum 1.1.2028 geplante neue digitale Meldepflicht-System lässt eine Übernahme der im strukturierten Format erstellten Daten der elektronischen Rechnungen zu. Die so übermittelten Daten sind dann unverzüglich an das neu geschaffene „zentrale elektronische Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem“ weiterzuleiten, damit die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten diese abgleichen können. Die Zusammenfassende Meldung fällt durch die Einführung dieses „zentralen MIAS“ weg.
Meldepflichtig sind folgende Umsätze:
- Innergemeinschaftliche Erwerbe,
- Innergemeinschaftliche Lieferungen einschließlich des sog. Verbringens,
- alle Dienstleistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Ansässigkeit des Dienstleistungserbringers steuerpflichtig sind,
- Lieferungen des Zwischenhändlers eines Reihengeschäfts,
- Steuerpflichtige Lieferungen eines nicht im Mitgliedstaat der Steuerschuld ansässigen Unternehmers, für die die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht.
Der Entwurf sieht weitere optionale Meldepflichten vor.
Zu melden sind dabei neben Ordnungsmerkmalen wie USt-Identifikationsnummern, Rechnungsnummer, Ausstellungsdatum der Rechnung auch das Fälligkeitsdatum und die IBAN des Bankkontos des leistenden Unternehmers sowie Menge und Art der gelieferten Gegenstände bzw. Umfang und Art der erbrachten Dienstleistung sowie die jeweilige Steuerbemessungsgrundlage. Dabei haben der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die Daten spiegelbildlich zu übermitteln. Die Meldung hat umsatzbezogen für jeden einzelnen Umsatz zu erfolgen, die Frist soll wie bei der elektronischen Rechnung nur zwei Werktage betragen.
Hinweis:
Das Europäische Parlament hat eine Verlängerung der Frist von einem (!) weiteren Arbeitstag vorgeschlagen und will regelmäßig an die Verbuchung des Vorgangs anknüpfen.
Die Möglichkeit, Sammelrechnungen zu erteilen, soll ab dem 1.1.2028 entfallen.
Der Autor
Dipl.-Finanzwirt Ralf Sikorski
Autor des NWB-Verlages
Sikorski
Praxisliteratur Buch inkl. Online-Nutzung 12., aktualisierte Auflage 2024 NWB Verlag
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