»Ich sehe das Ganze als eine riesige Projektionsleinwand, die mit schmierigen dunklen Schattierungen und obszönen Pastellfarben in der Luft flattert, während ich sie doch deutlich auf meiner Haut spüren kann: kratzende Plastiksäume, nadelwaldige Luftschwingungen, prachtglänzende Tierleiber.«
Was uns heute von der antiken Literatur am fernsten ist - die Bukolik, die Pastoral- und Eklogendichtung, der Arkadienmythos und die Idyllen- sowie Elegienideologien -, scheint zugleich, auf unheimliche Weise, noch immer hautnah an uns zu kleben.
Trotz des Kitsches an der Quelle, des Schwulstes sich bespringender Geschöpfe, des Jammerns über verlorene Naturstücke und der durchsichtigen Strategeme der Aneignung, Einverleibung und reihenbildenden Durchpenetration, schreibt sich seit Theokrit und Vergil, malt und musiziert sich mit Boucher und Beethoven doch eine Frage, oder einen Reigen von Fragen, die auf ein Reales zielen: »Was willst Du nur von uns, Natur?«
Zumeist sind es Dichterinnen, Sängerinnen, ironische Stimmen ohne Zynismus wie Marguerite de Navarre, Lady Mary Wortley Montagu, Patty Smith, und heute Lisa Robertson, die dieses Fragen, seine Figur, Syntax und Begriffe, in Pastiche und Parodie geräuschvoll auseinandernehmen.
Schon Vergils Eklogen bildeten ein Wust von Zitaten und Zitatszitaten - Lisa Robertson treibt die pastorale copy-and-paste-Poetik weiter, rupft den Blätterwald, lässt die Namen flirrend auffliegen, und die Pronomen kommen und vergehen. Bleibt von der Natur: ihr Witz.