Emotionen im Job: Wie viele Gefühle verträgt der Arbeitsalltag?

Nadja Kahn und Christoph Theile haben ein Sachbuch über die Relevanz von Emotionen im Job und im Businesskontext geschrieben.

Im Interview erläutern sie, warum genau jetzt die Zeit reif für einen neuen Umgang mit Emotionen bei der Arbeit ist und wie man sie gezielt einsetzen kann, um seine beruflichen und privaten Ziele zu erreichen.

 

Wie ist die Idee für das Buch über Emotionen im Job entstanden? 

Nadja Kahn: In unserer Gesellschaft wird die Ratio häufig überschätzt. Alles muss schlüssig verargumentiert werden, um überzeugend zu sein. Dabei sorgen erst Emotionen dafür, dass wir etwas wirklich verinnerlichen! Viele Menschen haben aber gänzlich verlernt, auf ihre Emotionen, sowohl generell als auch auf die Emotionen im Job, zu hören oder sie gar aktiv zu nutzen. Das wollen wir mit unserem Buch ändern!

 

Was ist das Besondere an dem Buch?

Christoph Theile: Unser Buch „Denken wir noch oder fühlen wir schon?“ ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich! Zunächst einmal ist ein Sachbuch über Emotionen schon etwas Besonderes, weil wir hier bewusst die Ebenen des Denkens und des Fühlens vermischen.

Außerdem ist der Aufbau unseres Buches innovativ: Es besteht zu einem Teil aus einem fesselnden Business-Roman, in dem die Protagonistin Maxi von Weller eine spannende persönliche Entwicklung durchlebt, als ihre PR-Agentur an einen unsympathischen Investor verkauft wird. Wir erleben aus erster Hand, was in ihrem Inneren passiert. Zwei Stimmen in ihrem Kopf, Ratio und Emotia streiten sich permanent auf sehr unterhaltsame Weise. Im zweiten Teil verstehen die Leser anhand des von mir entwickelten Globe of Emotions®, wie die Emotionen in Maxi arbeiten. Ergänzt um viele Ideen, Beispiele und Ratschläge erkennen die Leser so, wie sie selbst in vergleichbaren Situationen ihre Emotionen nutzbar machen können.

 

Emotionen im Job bzw. im Business-Kontext hatten bisher einen schlechten Ruf, wie möchten Sie das ändern? 

Theile: Tatsächlich sind viele Menschen überzeugt, Emotionen hätten im Job nichts zu suchen. Wenn jemand sagt, ein Kollege sei „immer so emotional“, bedeutet das, dass er nicht professionell agiert. Tränen gelten als Karrierekiller, Gefühlsausbrüche werden belächelt, Zorn ist ein Fall fürs Coaching. Im Business zählen, so die landläufige Meinung, nur Fakten und Sachargumente.

Diese Meinung ist verkehrt. Emotionen sind erfolgsentscheidend. Bestimmte Prozesse in Unternehmen sind ohne Emotionen bei der Arbeit gar nicht möglich. Veränderungsprozesse erfordern ein sensibles Erkennen und Berücksichtigen der Gefühlslage der betroffenen Mitarbeiter; auch das Zeigen eigener Gefühle ist dabei extrem hilfreich. Gleiches gilt für das Einschwören eines Teams auf ein neues Projekt. Und für die meisten Formen der Kommunikation – ob mit Kollegen, Kunden oder Dienstleistern – sind Emotionen im Job entscheidend fürs Gelingen. Denn Wörter und Argumente können Menschen nur rational erreichen. Für ein echtes „Mitnehmen“ anderer Menschen sind Emotionen erforderlich. 

 

Aber gibt es nicht auch negative Emotionen, die im Job nichts zu suchen haben?

Kahn: Nein, jede Emotion verfolgt ein bestimmtes Ziel und unterstützt uns damit in unseren Vorhaben. Der Globe of Emotions® basiert auf der Annahme, dass es sieben Basis-Emotionen gibt, die der amerikanische Anthropologe und Psychologe Paul Ekman in den 1970er Jahren erforscht hat und die mittlerweile global anerkannt sind:

  • Freude
  • Zorn
  • Furcht
  • Trauer
  • Ekel
  • Verachtung
  • Erstaunen

Jede dieser Emotionen hat eine wichtige Funktion!

Theile: Ich erläutere das am Beispiel des aktiven Zuhörens, eine Fähigkeit, die sich in Gesprächen mit Mitarbeitern, Chefs und Kunden als sehr wertvoll erweist. In den perfekten Modus für aktives Zuhören kommt man, wenn man innerlich die Emotionen Freude und Furcht aufbaut. Warum gerade diese?

Freude verfolgt das Ziel, anzukommen, in Ruhe etwas zu genießen. Furcht wiederum strebt nach Sicherheit, sie versorgt uns mit erhöhter Aufmerksamkeit, um potenzielle Gefahren zu vermeiden.

Durch Freude und Furcht bekommen wir deshalb eine große innere Ruhe und gleichzeitig vollständige Konzentration auf unser Gegenüber. Auf diese Weise erzielen wir ein sehr intensives Gespräch, bei dem der Gesprächspartner unser genuines Interesse spürt. Das Gespräch verläuft mit Sicherheit erfolgreicher als mit unbewusster Emotionalität, die sogar kontraproduktiv wirken kann. 

 

Können Sie weitere Beispiele für Emotionen im Job nennen?

Theile: Ein weiteres Beispiel ist eine offensive Aufholjagd eines Konkurrenten, der einem Unternehmen die Position im Markt streitig macht. Dafür benötigt man Zorn. Denn Zorn strebt nach Erfolg. Er versorgt die Menschen mit Entschlossenheit, dem festen Willen, etwas durchzuziehen und ist völlig frei von Wut. Erst wenn man gegenüber dem Konkurrenten einen sauberen Zorn aufgebaut hat, dass man den nun endlich in seine Schranken verweisen will, und diesen Zorn ins ganze Unternehmen transportiert, dann erzeugt man in jedem Mitarbeiter die nötige Energie, die Aufholjagd mit Elan anzugehen und gemeinsam in eine verändernde Entschlossenheit zu kommen. 

Kahn: Selbst wenig positiv besetzte Emotionen wie Ekel oder Verachtung sind wertvoll im Job: Ekel hilft uns zum Beispiel, Abstand gegen übergriffige Chefs oder despektierliches Verhalten aufzubauen und damit unsere geistige Gesundheit zu schützen. Denn Ekel verfolgt das Ziel Gesundheit und Verteidigung. Verachtung hingegen schafft Klarheit über die eigene Identität und Bedürfnisse – auch ein wichtiger Faktor hinsichtlich Resilienz und Work-Life-Balance. 

 

Und wie kann ich meine Emotionen bei der Arbeit aktiv als Ressource nutzen?

Kahn: Emotionen können lästig sein, wenn wir nicht im Einklang mit ihnen leben. Wenn wir sie sorgsam unterdrücken und sie dann plötzlich – ähnlich einem Vulkanausbruch – hervorbrechen, wenn sie uns übermannen und den Verstand ausschalten. 

Aber diese destruktive Kraft besitzen Emotionen nur, wenn wir sie ignorieren und als Störfeuer begreifen. Wenn wir ihnen hingegen Respekt zollen und ihnen Raum geben, dann können wir Emotionen im Job aktiv als Ressource nutzen. Und die gute Nachricht ist: Jeder Mensch ist emotional. Und jeder kann lernen, sie präzise wahrzunehmen und Emotionen im Job als Werkzeug bewusst einzusetzen.

 

Wie hat dieses Buch Ihren Umgang mit Emotionen verändert? 

Kahn: Obwohl wir beide schon so lange mit Emotionen arbeiten, hat dieses Buchprojekt uns noch einmal gänzlich neue Perspektiven auf das Thema eröffnet! Allein unsere eigenen emotionalen Aufs und Abs beim Schreiben und bei der Suche nach einem geeigneten Verlag bilden genügend Stoff für ein weiteres Buch! 

Die Methode des Globe of Emotions® ist relativ komplex. Aber beim Schreiben haben wir immer wieder gemerkt, wie alltagsrelevant er ist! Und natürlich nicht nur im beruflichen Kontext. Wenn wir über unsere Beziehungen zu unseren Partnern, Kindern, Familienmitgliedern oder Freunden nachdenken, fallen jedem Leser bestimmt zahlreiche Situationen ein, wo unsere Emotionen im Allgemeinen, aber auch unsere Emotionen im Job, ein geradezu explosives Eigenleben entwickelt haben und wir uns einen konstruktiveren Umgang mit ihnen wünschen würden. Inzwischen sehen wir überall die Wirkmacht von Emotionen und müssen manchmal aufpassen, dass wir Mitmenschen nicht vor den Kopf stoßen, wenn wir beispielsweise sagen: „Na, jetzt hat dich aber der Ekel fest im Griff!“ Wenn wir die Idee dahinter dann erläutern, sind aber alle immer sehr rasch fasziniert.

 

Das Buch

von Nadja Kahn und Christoph Theile zeigt, dass sowohl Denken als auch Fühlen zusammengehören. Es inspiriert die Leser, Situationen aus dem (unternehmerischen) Alltag zu reflektieren.

Kahn / Theile

Denken wir noch oder fühlen wir schon?

Denken wir noch oder fühlen wir schon?

Emotionen als Schlüsselfaktor für beruflichen Erfolg - ein Businessroman und Sachbuch zum "Globe of Emotions®"

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Die Autoren

Nadja Kahn ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Eventagentur KahnEvents GmbH, spezialisiert auf Firmenveranstaltungen weltweit - live und online. Durch weit über 1.000 Veranstaltungen zwischen Kuba, Südafrika und Lappland weiß sie um die Bedeutung von Emotionen für erfolgreiche Geschäftsbeziehungen und für die Zusammenarbeit im Team.

Christoph Theile ist mehrfach ausgezeichneter Führungskräfteentwickler und Business Coach auf dem internationalen Parkett. Nach einer Managementkarriere ist er seit 2009 selbstständig tätig mit den Schwerpunkten Stärkenorientierung und emotionale Souveränität für Führungskräfte und Teams. Seit 2018 ist er geschäftsführender Gesellschafter des EQTing Leadership Instituts.

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Stand: Juni 2023

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