WEG-Reform: Die Zeit drängt - Ein Interview mit Verwalter Andre Jahns
Wie bewerten Verwalterinnen und Verwalter die große WEG-Reform? Die nächsten Wochen und Monate bedeuten für Verwalterinnen und Verwalter viel Detailarbeit und ein intensives Einarbeiten in das grundlegend neu gefasste Gesetz. Ein Kurzinterview mit Andre Jahns. Er ist geschäftsführender Gesellschafter einer Hausverwaltung mit Sitz in Wolfenbüttel und Vorsitzender des VDIV Niedersachsen/Bremen e. V.
Sind Sie zufrieden mit der WEG-Reform?
Andre Jahns: Ja, die WEG-Reform kann nach meiner Einschätzung als „der große Wurf" bezeichnet werden. Auch wenn es sicherlich das ein oder andere Thema gibt, bei dem die Verwalter "Bauchschmerzen" haben, ist es in der Gesamtschau eine große Leistung, das Wohnungseigentumsrecht auf eine dogmatisch in sich schlüssige Grundlage zu stellen. Auch der Einstieg in einen Sachkundenachweis für Verwalter ist ein großer Schritt nach vorne.
Bei welchen Regelungen haben Sie „Bauchschmerzen“?
Jahns: Manche Verwalter stören sich an der Möglichkeit, dass die Eigentümer jederzeit die Abberufung des Verwalters beschließen können. Dieses wird als Druck empfunden, dass vielleicht eine Minderheit der Eigentümer Stimmung gegen den Verwalter macht – verbunden mit der Drohung, eine Mehrheit für die Abberufung zu organisieren. Nach meiner Einschätzung wird es sich aber nur um Einzelfälle handeln. Außerdem hat der Verwalter ja auch ein Druckmittel: Auch er kann seine Verwalterbestellung beenden, wenn er sich von einer Eigentümergemeinschaft trennen will.
Was muss ich als Verwalterin und Verwalter nun als Erstes tun? Wo gibt es konkreten Handlungsbedarf? Was kann bis Anfang kommenden Jahres warten?
Jahns: In den nächsten Wochen muss sich jeder Verwalter in das neue Wohnungseigentumsrecht einarbeiten. Da es für die meisten Neuregelungen keine Übergangsfrist gibt, müssen Beschlüsse ab dem 1.12.2020 der neuen Rechtslage entsprechen. Die Verwalter werden nach meiner Einschätzung auch verstärkt mit dem Thema "Lademöglichkeit für E-Fahrzeuge" konfrontiert werden – hier brauchen die Verwalter nicht nur das Wissen über die richtige Beschlussfassung nach dem neuen Wohnungseigentumsrecht, sondern auch Grundwissen bezüglich der technischen Möglichkeiten. Da der Vermögensbericht erstmalig für die Jahresabrechnung 2020 zu erstellen ist, haben die Verwalter hier noch etwas Zeit, die notwendigen Angaben zusammenzutragen.
Bedeutet der Vermögensbericht viel Zusatzaufwand?
Jahns: Der Vermögensbericht enthält Angaben, die die Abrechnungsprogramme auch jetzt schon unterstützen, z.B. die Kontostände und die offenen Forderungen gegen Eigentümer. Bei anderen Angaben – zum Beispiel beim Inventar – müssen die Verwalter die notwendigen Informationen vielleicht erst noch zusammentragen. Natürlich ist es ein Arbeitsaufwand – dieser erscheint aber dennoch überschaubar und machbar. Dann liegt es auch noch an den Herstellern der Abrechnungsprogramme, wie schnell die Programme die für den Vermögensbericht notwendigen Angaben nach entsprechender Dateneingabe in einer passenden Form ausdrucken können, damit die Verwalter den Vermögensbericht nicht als Excel-Tabelle pflegen müssen.
Gibt es auch längere Übergangsphase im neuen Gesetz?
Jahns: Eine längere Übergangsphase von zwei Jahren gibt es bei der Zertifizierung der Verwalter. Man darf sich nach dem neuen Recht als Verwalter bezeichnen, wenn man vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass man über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Dennoch empfehle ich allen Verwaltern, sich rechtzeitig um die Zertifizierung zu kümmern. Es wird sicherlich am Verwaltermarkt nach und nach dazu kommen, dass die Eigentümer nach der Zertifizierung fragen werden. Sobald die Rechtsverordnung beschlossen ist und damit die konkreten Bedingungen für die Zertifizierung abschließend feststehen, kann es auch bei diesem Thema losgehen.