4 gute Gründe für professionelles Legal Project Management (LPM)

von Marion Ehmann, LL.M., CLP – Consulting for Legal Professionals

Juristisches Projektmanagement oder Legal Project Management (LPM) ist die Anwendung von bewährten Werkzeugen aus dem Projektmanagement auf rechtliche Sachverhalte. Diese Werkzeuge wurden entwickelt, um komplexe Probleme (z.B. Hochhausbau, Weltraumflüge, Softwareentwicklung) mit bestimmten Vorgaben zu lösen.

Zu diesen Vorgaben gehören beispielsweise: die Auftraggeber bekommen genau, was sie brauchen; alle Beteiligten wissen, was sie zu tun haben; Arbeitsschritte werden in der richtigen Reihenfolge und ohne Doppelarbeit erledigt; Kostenbudgets und Zeitpläne werden (weitestgehend) eingehalten etc.

Juristisches Projektmanagement ist also eine Disziplin, die kundenorientierte, zeit- und kosteneffektive Arbeitsprozesse in der Rechtsberatung unterstützt.

 

Die 4 wichtigsten Vorteile von gutem juristischem Projektmanagement:

  • Sie betreiben eine sorgfältige Auftragsklärung, die es Ihnen ermöglicht, Ihre Auftraggeber zielgerichtet zu beraten und deren Erwartungen, auch in Bezug auf die Kosten, besser zu managen.
  • Sie planen Ihre Arbeit und die Ihrer Mitarbeiter und Kollegen besser und erledigen sie effizienter. Dadurch werden Risiken verringert, Fehler reduziert und Stress abgebaut.
  • Sie verschaffen sich und Ihren Auftraggebern einen Überblick über die zu erledigenden Arbeitsschritte und können dadurch die Kostenentwicklung im Griff behalten.
  • Sie stoßen proaktiv und regelmäßig Auswertungen und Verbesserungen an und binden dadurch Ihre Auftraggeber und Ihr Team näher an sich.

 

Was unterscheidet juristisches Projektmanagement von anderem Projektmanagement?

Juristisches Projektmanagement ist eine von mehreren Unterdisziplinen des Projektmanagements. Es gibt Projektmanagementwerkzeuge und -methoden, die z.B. besonders für Bauprojekte, Forschungs- und Entwicklungsarbeit oder Softwareentwicklung geeignet sind. Genauso gibt es Projektmanagementwerkzeuge, die sich besonders für juristische Aufgaben eignen. Außerdem berücksichtigt gutes juristisches Projektmanagement die Arbeits- und Denkweise von Juristinnen und Juristen, lädt diese aber gleichzeitig dazu ein, manche Gewohnheiten zu überdenken und Arbeitsprozesse zu modernisieren.

 

Was genau ist ein ‚Projekt‘, wenn Juristen und Juristinnen ihre Aufgaben erledigen?

Die Definition von ‚Projekt‘ lautet: ein zielgerichtetes, einmaliges Vorhaben, das aus abgestimmten und gesteuerten Tätigkeiten mit Anfangs- und Endtermin besteht und durchgeführt wird, um unter Berücksichtigung von Vorgaben bezüglich Zeit, Ressourcen und Qualität, ein Ziel zu erreichen. Zielgerichtet sind unsere juristischen Aufgaben hoffentlich immer. Mit Anfangs- und vor allem Endterminen (Fristen, Deadlines) kennen wir uns aus. Jeder Prozess, jeder Vertrag ist zumindest in den Details einmalig. Unsere Zeit und unsere Ressourcen sind (oft viel zu) begrenzt und Qualität wollen wir immer liefern. Gutes juristisches Projektmanagement fügt das letzte Puzzlestück hinzu: Abstimmung und Steuerung der einzelnen Arbeitsschritte.

Ergo: Fast alles, was wir Juristinnen und Juristen tun, jedes Mandat und jede Akte, ist ein Projekt.

 

Für wen ist Legal Project Management ein Thema?

Alle Juristen und Juristinnen, die rechtsberatend tätig sind, sollten die Grundzüge des juristischen Projektmanagements beherrschen. Egal ob Sie in einem Unternehmen arbeiten, Partner oder Partnerin einer Anwaltskanzlei sind oder als angestellte Anwältin oder Anwalt tätig sind. Auch Rechtsanwaltsfachangestellte, Paralegals und Sekretariatsmitarbeiter können wichtige Funktionen im Projektmanagement übernehmen, sofern sie Unterstützung und Backup in dieser Rolle bekommen.

Die jeweiligen juristischen Themen und Rechtsgebiete spielen dabei ebenso wenig eine Rolle wie die Größe der Kanzlei oder Rechtsabteilung. Auch kleine Einheiten mit wenigen Beratungsgebieten profitieren von gutem juristischem Projektmanagement. Und je grösser die Einheit und je komplexer die Projekte, desto grösser der Nutzen.

 

Wie und wo sollte ich anfangen, Legal Project Management zu lernen?

Sie können Kurse in allgemeinem Projektmanagement besuchen und die dort gelernten Werkzeuge und Erkenntnisse auf Ihre Arbeit übertragen. Diese Art der Transferleistung ist jedoch sehr zeit- und arbeitsintensiv. Sie können, wenn das Lernen aus Büchern Ihr bevorzugter Stil ist und Sie keine Probleme mit englischsprachigen Fachbüchern haben, ein Buch zum Thema durcharbeiten und die Erkenntnisse in die Praxis umsetzen. Empfehlen würde ich Ihnen Steven B. Levy, Legal Project Management – Control Costs, Meet Schedules, Manage Risks, and Maintain Sanity. Oder Sie machen eine Fortbildung in Legal Project Management, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt. So bietet z.B. das International Institute of Legal Project Management (IILPM) ein eLearning Programm in englischer Sprache an.

 

Muss ich darüber hinaus groß investieren, z.B. in spezielle Software?

Müssen Sie nicht. Sie können Ihre bisherigen Werkzeuge (Papier oder Software) zur Aktenverwaltung und Ihre bisherigen Kanzleisysteme weiterverwenden. Sie brauchen auch keine spezielle Projektmanagementsoftware, sondern kommen sehr weit mit Word o.ä., etwas Excel o.ä. sowie ein paar Whiteboards und vielen Klebezetteln. Möglicherweise müssen Sie in Klebezettel in verschiedenen Farben sowie geeignete Stifte investieren. Mehr brauchen Sie für den Anfang aber nicht. Sie brauchen auch nicht besonders technikaffin zu sein, um gutes Projektmanagement in Ihr juristisches Handwerkszeug zu integrieren.

 

Warum wird Legal Project Management immer wichtiger?

Legal Project Management ist in den letzten Jahren im Kielwasser der Veränderungen im Markt für juristische Dienstleistungen groß geworden: Aus dem Verkäufer- wurde ein Käufermarkt, auf dem die Auftraggeber ‚more for less‘ verlangen und zunehmend Kostenbewusstsein entwickelt haben. Festpreise oder sog. fee caps oder von Rechtschutzversicherungen oder Prozessfinanzierern vorher zu genehmigende Budgets machen gutes Projektmanagement in der Rechtsberatung notwendig. Wer als Juristin oder Jurist auf diese Weise bezahlt wird, aber so wirtschaftet wie früher (als noch laufend zu Stundensätzen abgerechnet wurde), die und der wird viel Geld abschreiben müssen und lebt in wirtschaftlicher Hinsicht gefährlich.

 

Die Autorin

Marion Ehmann, LL.M., CLP – Consulting for Legal Professionals,

ist Rechtsanwältin, zertifizierte Legal Project Practitioner und Trainerin und Coach für Legal Project Management sowie Mitglied der schwedischen Vereinigung für IT und Recht. Sie lebt und arbeitet seit über 15 Jahren in Schweden und bewegt sich ständig im Spannungsfeld zwischen ihrer Faszination für IT und ihrer natürlichen Neigung zum ‚late adopter‘.

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