Basiswissen und Strategien für junge Anwälte

Ganz aktuell erschienen ist die 3. Auflage des Buches Basiswissen und Strategien für junge Anwälte.

Die Autoren Dr. Kerstin Diercks-Harms und Dr. Rüdiger Brodhun standen uns für ein Interview zur Verfügung, in dem es u. a. um Schlüsselkompetenzen, Tipps für einen erfolgreichen Start in die Anwaltstätigkeit und Zukunftstrends ging.

 

Ihr Werk Basiswissen und Strategien für junge Anwälte gibt grundsätzliche Anleitungen für die Annahme und Durchführung eines Mandats. Meinen Sie, dass dieser Aspekt in der juristischen Ausbildung zu kurz kommt?

Seit mehr als 15 Jahren orientiert sich der juristische Vorbereitungsdienst mit der Verlängerung der Anwaltsstation speziell am Anwaltsberuf und damit an seinen streitvermeidenden und streitschlichtenden, rechtsberatenden, gerichtlichen sowie rechtsgestaltenden Aspekten. Den Referendarinnen und Referendaren wird damit ermöglicht, sich intensiv in die anwaltlichen Aufgabenstellungen einzuarbeiten und aktiv am anwaltlichen Arbeitsalltag und der Organisation im Büro zu partizipieren. Auch die Stellung der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts als unabhängigem Organ der Rechtspflege und den damit verbundenen Berufspflichten und -rechten wird in der Anwaltsstation vermittelt. Neben der Ausbildung am Arbeitsplatz wird in den Arbeitsgemeinschaften auf die beruflichen Schlüsselqualifikationen und das Examen vorbereitet. Möglicherweise kann aber nicht jeder Aspekt in der Ausbildung vermittelt werden, sodass das Buch Gelegenheit zur systematischen Wiederholung und Vertiefung bietet.

 

Ist Ihr Buch als „Erste-Hilfe-Kasten“ zu verstehen, mit dem nichts schiefgehen kann? Ist es auch für Referendare und Referendarinnen in der Anwaltsstation geeignet?

Rezensionen und Produktbewertungen zur 1. und 2. Auflage, aber auch positives Feedback von Leitern von anwaltlichen Referendararbeitsgemeinschaften und von Examenskandidaten bestätigten uns die Eignung des Buchs als Ratgeber und Hilfesteller nicht nur für Berufsanfänger, sondern auch als Anleitung für Referendare und Referendarinnen bereits in der Anwaltsstation und als Examensvorbereitung, insbesondere für das anwaltliche Prüfungsgespräch. Das wichtigste Etappenziel für die Referendare und Referendarinnen stellen freilich die Klausuren dar. Dort werden unter den Zweckmäßigkeitserwägungen prozesstaktische Fragen abgefragt. Dabei geht es auch um Strategien, die vom Rechtsanwalt/von der Rechtsanwältin vor und außerhalb des gerichtlichen Verfahrens eingesetzt werden können, ferner um Kostenfragen, z. B. um besonders kostengünstige Beratungsmöglichkeiten, um dem Mandanteninteresse entgegenzukommen. Klausurrelevant sind beispielsweise auch Verfahrensarten zur schnellen Durchsetzung der Mandanteninteressen. Im Buch werden also maßgebende Fragen zur Vorbereitung auf die zweite Staatsprüfung erörtert.

Der „Erste-Hilfe-Kasten“ markiert nochmals essenzielle Fragestellungen und hilft beim Berufseinstieg im Zuge der Fehlervermeidung, ferner dazu, Haftungsrisiken zu minimieren und drohende Fallstricke zu umschiffen.

 

Im ersten Kapitel sprechen Sie von dem eigenen Anspruch, den ein Anwalt an seine Tätigkeit haben sollte. Wenn Sie das zusammenfassen, wie meinen Sie, sollte dieser Anspruch aussehen?

Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen beraten unabhängig in allen Rechtsangelegenheiten; ihre Souveränität ist grundlegende Voraussetzung für das besondere Vertrauensverhältnis.

Die Mandanteninteressen optimal zu vertreten, ist also das vorrangige Ziel der anwaltlichen Fallbearbeitung.

Mit der besonderen Fachkompetenz in bestimmten Rechtsgebieten, einer – selbstverständlichen – Zuverlässigkeit und einem zügigen Bearbeitungstempo der Aufträge können Anwälte und Anwältinnen ihren eigenen Qualitätsansprüchen genügen und sich einen dauerhaften Mandantenstamm erarbeiten. Die Bundesrechtsanwaltskammer definiert die Kernqualitäten der Rechtsanwaltschaft mit den Beschreibungen: „Unabhängig, verschwiegen, kompetent und loyal“.

Dringend abgeraten wird, mit fragwürdigen Mitteln zu arbeiten, um nicht in den Ruf eines „Winkeladvokaten“ zu geraten und das Vertrauen des eigenen Mandantenstamms, der Kollegen und Kolleginnen sowie der Gerichte zu gefährden.

 

Welche Trends und Entwicklungen werden die Anwaltstätigkeit aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren prägen?

Akquisition und Marketing bei der Rechtsdienstleistung werden womöglich im Vordergrund stehen. Wichtig ist freilich, das Angebotsspektrum der eigenen Arbeit an potenzielle Mandanten und Mandantinnen zu kommunizieren, z.B. über die Homepage und/oder Einträge in Verzeichnissen und Auskunftsdiensten, um Zielgruppen zu erreichen.

Der elektronische Rechtsverkehr wird maßgeblich die zukünftige Kommunikation mit den Gerichten prägen. Die Vertretung vor Gericht wird bei tendenziell rückläufigen Fallzahlen eventuell etwas an Bedeutung verlieren, zumal die außergerichtliche Konfliktbeilegung mandantenseits vermehrt eingefordert wird. Wird aber eine gerichtliche Auseinandersetzung unausweichlich, verschafft eine zielstrebige Vorbereitung einen Vorteil bei der Prozessführung. Natürlich ist eine anwaltsspezifische Kenntnis des Prozessrechts ein äußerst zweckdienlicher Vorteil und sollte nie aus dem Auge verloren werden.

 

Was müssen Rechtsanwälte, insbesondere junge Kollegen/junge Kolleginnen, beachten, um in diesem stark umkämpften Markt auch in Zukunft erfolgreich zu sein?

Soft Skills dürfen nicht unterschätzt werden. Zuhören und Aufmerksamkeit im Gespräch sind selbstverständlich, ebenso eine angemessene Höflichkeit und Empathie. Die anwaltliche Zielsetzung ist abzusprechen und das bestehende Vertrauen zu vermitteln. Um die fachliche Qualität dafür zu gewährleisten, sind aktuelle Entwicklungen, z. B. durch ständige Lektüre zu verfolgen.

Anwälte und Anwältinnen haben gegenüber sich selbst, daneben auch gegenüber den Kollegen und Kolleginnen die Verpflichtung, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, entsprechende Arbeitsabläufe sind stets weiterzuentwickeln. Unternehmerisches Denken ist ständig gefragt (bei welcher aktuellen Thematik besteht Beratungsbedarf?). Der Wettbewerb sollte beobachtet werden. Wichtig ist aber vor allem, dass die tägliche Arbeit Spaß macht, das wird vor allem der Fall sein, wenn sie Erfolg hat. Die eigene Energie ist dabei angemessenen einzusetzen.

 

Gibt es allgemeingültige Tipps, die Sie insbesondere an jüngere Anwälte geben können?

Es muss zunächst stets ergründet werden, was der Mandant/die Mandantin möchte. Am besten nach der Erstberatung mit einer verständlichen Antwort das Büro zu verlassen, ist von diesen erwünscht und hilfreich. Sogleich den erforderlichen Brief an die Gegenseite zu verfassen, rundet die anwaltliche Leistung ab. Wesentliche Briefe und Schriftsätze sind abzustimmen.

Eine Spezialisierung in der Berufsausübung wird vielfach empfohlen. Diese kann aber auch gerade im Zivilrecht liegen! Es kann gelingen, sich ähnlich wie ein „Allgemeinmediziner“ zu positionieren. Neben der anwaltlichen Beratung sowie Kenntnissen bei der konsensualen Streitschlichtung ist dann aber die genaue Kenntnis des Prozessrechts entscheidend für das Gewinnen von Prozessen und eine erfolgreiche Mund-zu-Mund-Propaganda.

Eine gute Erreichbarkeit über eine Webseite, per E-Mail und Telefon sind äußerst wichtig, Anrufwünsche sind zeitnah zu erfüllen. Erfolgreich akquirierte Mandanten müssen auch gehalten werden!

 

Ist Ihr Werk auch für erfahrene Anwälte geeignet, die z.B. nach einem Ausflug in die Rechtsabteilung eines Unternehmens, wieder selbstständig werden?

Ja, unseres Erachtens durchaus. Alle wesentlichen Aspekte einer vorgerichtlichen Interessenvertretung und Prozessführung auf Kläger- sowie Beklagtenseite werden im Buch als Know-how unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung abgehandelt. Es zeigt zivilprozessuale Standardfragen und deren Lösungen auf und gibt Tipps für prozesstaktisches Vorgehen; einerseits wird Hintergrundwissen ermittelt, andererseits anhand von praxisnahen Fallgestaltungen das bereits vorhandene verfahrensrechtliche Wissen vertieft. Der Schwerpunkt liegt in der Darstellung aller relevanten prozessualen Fragen aus anwaltlicher Sicht bei einem zivilprozessualen Mandat.

 

Welche persönlichen Schlüsselkompetenzen sollte ein Anwalt trainieren, um weiterhin erfolgreich im Markt tätig zu sein?

Mit beiden Staatsexamen wird die Befähigung zum Richteramt erworben und damit die Kompetenz zur umfassenden Rechtsberatung. Die praktische Erfahrung im Umgang mit Mandanten, mit Mitarbeitern und Kollegen, die tägliche Arbeitsorganisation sowie Kanzleiführung als soziale Kompetenzen werden mit Sicherheit in den ersten Berufsjahren angeeignet. Die Leistungsbereitschaft, speziell die Bereitschaft zur beständigen Weiterbildung, verbunden mit einer eigenen Begeisterungsfähigkeit werden für Mandanten und Mandantinnen spürbar sein. Auch an den Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung und Mediation kann gearbeitet werden.

Wenn Mandanten und Mandantinnen wahrnehmen, dass neben der bestmöglichen rechtlichen Vertretung sowie Konfliktlösung auch ihre wirtschaftlichen Belange und ihr Kosteninteresse gewahrt werden, wird dauerhafter anwaltlicher Erfolg gegeben sein.

 

Frau Dr. Diercks-Harms, Herr Dr. Brodhun, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

Diercks-Harms / Brodhun

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