UWG-Änderungen: Online-Handel und Influencer-Marketing – Verbraucherschutz 2.0
Am 28.05.2022 tritt das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht in Kraft. Das nehmen wir zum Anlass, uns mit Prof. Dr. Helmut Köhler über die wichtigsten gesetzlichen Neuerungen zu unterhalten.
Prof. Dr. Köhler, em. o. Professor an der Universität München und Richter am OLG München a.D., ist Mitherausgeber des Beck'schen Kurzkommentars Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, dessen 40. Auflage bereits ganz im Zeichen der umfangreichen gesetzlichen Änderungen steht.
Herr Professor Köhler, was sind für Sie die wichtigsten Neuregelungen im UWG und in der GewO?
Köhler: Im UWG sind dies vor allem die Vorschriften zur Umsetzung von Änderungen der UGP-Richtlinie. Sie beziehen sich auf die Irreführung bei der Vermarktung von „dual quality“-Produkten sowie die Informationspflichten beim Angebot von Produkten auf Online-Marktplätzen, beim Ranking von Produkten sowie bei der Veröffentlichung von Kundenbewertungen. Hinzu kommen neue Per-se-Verbote in der Schwarzen Liste und die Einführung eines Schadensersatzanspruch des Verbrauchers. Die GewO enthält neue Vorschriften zum Schutz der Teilnehmer von Kaffeefahrten.
Welche Auswirkungen werden die neuen Regeln auf den Online-Handel haben?
Verbraucher verlassen sich bei Suchanfragen im Internet häufig auf das jeweilige Ranking eines Produkts und auf Kundenbewertungen von Unternehmen und Produkten. Um der Gefahr von Manipulationen beim „Ranking“ und bei der Veröffentlichung von „Kundenbewertungen“ vorzubeugen, müssen die Verbraucher künftig über die Kriterien des Rankings und die Echtheit von Kundenbewertungen informiert werden.
Durch welche neue Regelung sollen die Lücken im Verbraucherschutz geschlossen werden?
Bei schuldhaften Wettbewerbsverstößen eines Unternehmers gewährt das derzeitige UWG zwar den betroffenen Mitbewerbern, nicht aber den betroffenen Verbrauchern einen Schadensersatzanspruch. Die Verbraucher können derzeit nur nach dem Bürgerlichem Recht Schadensersatz beanspruchen. Ein Beispiel bietet der „Diesel-Skandal“. Hier gewähren die Gerichte Schadensersatz nach § 826 BGB.
Der Gesetzgeber hat nunmehr in § 9 Abs. 2 UWG auf Grund einer Vorgabe der UGP-Richtlinie einen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers geschaffen. Er gilt aber nur für Verstöße eines Unternehmers gegen verbraucherschützende Vorschriften, die ihre Grundlage in der UGP-Richtlinie haben. Im Hinblick auf Verstöße gegen andere verbraucherschützende Vorschriften besteht nach wie vor eine Schutzlücke.
Was ändert sich künftig für Influencer?
Nach Auffassung des BGH musste ein Influencer einen Post, der auf Produkte eines Anbieters verwies, als Werbung kennzeichnen, wenn er dafür eine Gegenleistung erhielt oder wenn der Post einen „werblichen Überschuss“ aufwies, also übertrieben werblich gestaltet war. Um Influencern einen „sicheren Rechtsrahmen“ für ihre Aktivitäten zu bieten, wurde im UWG eine Klarstellung vorgenommen. Influencer, die fremde Produkte empfehlen, handeln nicht unlauter, wenn sie dafür keine Gegenleistung erhalten oder sich versprechen lassen. Ein bloßer werblicher Überschuss eines Posts ist daher in Zukunft unschädlich.
Was hat es mit den oben angesprochenen Kaffeefahrten auf sich?
Die sog. Kaffeefahrten dienen dazu, Verbraucher zum Kauf von (zumeist überteuerten) Produkten in bestimmten Verkaufsstätten („Wanderlagern“) zu veranlassen. Um eine bessere behördliche Kontrolle zu ermöglichen und Verbraucher vor aufgeschwatzten Verträgen zu schützen, wurden die Informationspflichten für die Veranstalter von Wanderlagern erweitert und verschärft. Sie müssen in der Werbung ihre Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse angeben. Außerdem müssen sie die Verbraucher über ein etwaiges Widerrufsrecht bei Verträgen informieren, die im Rahmen einer solchen Veranstaltung geschlossen werden.
(Das Interview führte Miriam Montag)