Examensvorbereitung Jura – Der Weg zu einem erfolgreichen juristischen Examen
Interview mit Rechtsanwalt Christian Sommer
Eine Frage treibt Jura-Studierende irgendwann im Laufe ihres Studiums um: Wie bereite ich mich richtig auf das (zunächst erste) Staatsexamen vor? Von der Antwort hängt schließlich viel ab: Ein gutes Examen soll die Krönung der Bemühungen im Studium und in der unmittelbaren Examensvorbereitung sein. Aber zugleich beginnen die Selbstzweifel: Habe ich bislang genug gelernt? Kann ich dem (vermeintlichen) Druck und Stress der Examensvorbereitung standhalten? Und so weiter …
Um zum Thema Jura Examensvorbereitung eine kleine Hilfestellung zu geben, haben wir mit Christian Sommer gesprochen. Er ist selbst nicht nur Jurist mit Doppelprädikat, sondern als Repetitor bei Alpmann Schmidt mit 15 Jahren Berufserfahrung auch mit den Fragen, Ängsten und Nöten der Jurastudierenden besonders vertraut.
Herr Sommer, was ist Ihrer Meinung nach der wichtigste Tipp für Jurastudierende in der Jura-Examensvorbereitung?
Christian Sommer: Der wichtigste ist auch zugleich der schwierigste Tipp: In der Jura-Examensvorbereitung die richtige Balance zwischen Anspannung und Gelassenheit zu gewinnen. Gerade der Hinweis auf die Gelassenheit überrascht vielleicht, aber aus dem fast täglichen Umgang mit Studierenden weiß ich, dass sich die meisten einen viel zu großen Druck machen. Der übrigens ab dem ersten Semester getriggert wird: Wer kennt ihn nicht, den Spruch, dass am Ende des Semesters die Hälfte der Kommilitonen verschwunden sein werden? Aus meiner Sicht nicht nur unnötig, sondern fatal, diesen Ton gleich zu Beginn des Studiums zu setzen. Denn meiner Erfahrung nach entscheiden sich häufig Personen für ein Jurastudium, die perfektionistisch veranlagt sind. Wenn ich diesen Knopf durch den oben genannten Satz drücke, implementiere ich den Gedanken: Ich bin nicht klausur- oder examensreif, wenn ich nicht alle juristischen Probleme perfekt lösen kann. Das Problematische daran ist: Dieser Grad der Perfektion ist schlechterdings unerreichbar. Klar, ohne Lernen geht es nicht – aber das Ziel ist wichtig. Und das sollte nicht Perfektion sein.
Auf der anderen Seite bestätigen Lernpsychologinnen und Lernpsychologen aber auch, dass ein bestimmter Grad der Anspannung die Merkfähigkeit erhöhen. Allzu entspannt sollte man also auch nicht in die Jura-Examensvorbereitung starten.
Empfehlen Sie den Besuch eines Repetitoriums für eine erfolgreiche Examensvorbereitung?
Sommer: Von Berufs wegen sollte meine Antwort da eigentlich klar sein! Spaß beiseite: Das ist eine Frage, die die Studierenden für sich selbst beantworten müssen, nicht jedem hilft ein Repetitorium bei der Jura-Examen-Vorbereitung in gleichem Maße. Wer einen persönlichen Ansprechpartner braucht, der auf inhaltliche und organisatorische Fragen Rede und Antwort steht und auf dem Weg zum Examen begleitet, der ist im Repetitorium gut aufgehoben. Wir gehen auf die individuellen Lernstände ein, destillieren das examensrelevante Wissen und schließen Lücken, die vielleicht nach dem Studium geblieben sind. Immer in einer guten Lernatmosphäre und eher mit dem Schulunterricht vergleichbar als mit einer Vorlesung. Wer sich allerdings seit jeher selbst gut organisiert hat und keine Absicherung hinsichtlich des eigenen Lernstands benötigt, kann sich auch selbst erfolgreich auf die Examensprüfungen vorbereiten.
Wer sich näher mit der Frage auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich die Folge „Examensvorbereitung – wie geht’s richtig?“ unseres Podcasts „Die Juraflüsterer“, in der mein Kollege Dr. Tobias Langkamp viele Tipps zur Examensvorbereitung gibt.
Wie wichtig sind Karteikarten für die Examensvorbereitung (Jura)?
Sommer: Die Frage wird mir in jedem Jahr mehrfach gestellt. Und ich beantworte Sie mit der typischen Juristenantwort: Es kommt drauf an! Was ich damit meine: Viele Studierende schreiben Karteikarten, weil es ihnen empfohlen worden ist oder weil ihre Kommilitonen es machen. Das kann aber doch nicht die richtige Motivation sein! Viele Studierende wissen nicht, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt. Nur der motorische/aktive Lerntyp zieht einen Nutzen aus dem Anfertigen von Karteikarten, er lernt quasi beim Schreiben – daher kommt der Spruch „Von der Hand in den Kopf!“. Sowohl der auditive Lerntyp, der durch das Zuhören begreift, als auch der visuelle Lerntyp, der durch Lesen versteht, können mit dem Anfertigen von Karteikarten eigentlich nichts anfangen. Deshalb meine Aufforderung an alle Examenskandidaten: Lernt Euch selbst kennen! Fragt Euch: Warum schreibe ich Karteikarten? Und: Hat es mir wirklich etwas gebracht? Wenn Ihr hingegen überlegt, mit dem Karteikartenschreiben anzufangen, definiert eine Probezeit von zwei bis vier Wochen und stellt Euch danach die vorstehenden Fragen. Traut Euch bei der Antwort, Euch einzugestehen, dass Ihr anders sein könnt als die anderen! Denn eins ist sicher: Das Schreiben von Karteikarten kostet eine Menge Zeit. Und die sollte bei der Examensvorbereitung nur investiert werden, wenn sie einen Nutzen hat. Selbst wenn Ihr merkt, dass auch das Anfertigen der Karteikarten bzw. das Arbeiten mit ihnen etwas bringt, kostet es immer noch viel Zeit. Ein guter Mittelweg kann sein, auf vorgefertigte Karteikarten zurückzugreifen und diese im Rahmen der Jura-Examensvorbereitung für sich zu individualisieren. Auf den von uns veröffentlichten Karteikarten ist deshalb gerade zu diesem Zweck nicht nur ein ausreichender Rand, sondern sogar die Rückseite frei gelassen, um eigene Ergänzungen zusätzlich zu notieren.
Jeder Jurastudierende wird irgendwann in der Examensvorbereitung zweifeln, ob alles klappt. Was raten Sie?
Sommer: Zunächst dazu, diese negativen Gefühle auch zuzulassen. Klar, die Jura-Examensvorbereitung ist fordernd und anstrengend. Und man wird nicht an jedem Tag gleich gut motiviert sein. Man darf deshalb auch manchmal schlecht gelaunt sein oder zweifeln. Die große Frage ist, wie man mit diesen Gefühlen umgeht. Hier können Zielsetzung und das Wissen über das unbewusste Gedächtnis helfen. Zielsetzung ist die Quelle der Motivation. Unser Hirn will wissen: Warum soll ich mir das merken? Jetzt denken viele vielleicht, dass doch das Examen das Ziel ist. Das ist für unser Gehirn allerdings zu unspezifisch. „Irgendwann“ Examen machen zu wollen ist nicht greifbar. Mein Tipp: Vereinbaren Sie mit sich selbst einen festen Termin, zu dem Sie sich zum Examen melden wollen! Dabei muss „Vertragsbedingung“ sein, dass dieser Termin nur aus unjuristischen Gründen verschoben werden darf. „Ich weiß noch nicht genug!“ ist also kein Kündigungsgrund.
Daneben haben die Studierenden kein Gefühl dafür, was sie schon alles wissen. Die Anfrage „Gehirn, was hast Du dir alles zu Jura gemerkt?“ muss ohne Treffer enden – da die Trefferfülle viel zu groß ist. Das Langzeitgedächtnis ist unbewusst. Ich muss und darf mich darauf verlassen, dass es antworten wird, wenn ich die Information benötige.
Genau das wird vielen Studierenden aber schwerfallen! Wie lässt sich das unbewusste Gedächtnis überprüfen?
Sommer: Das ist einfach: Durch sog. Prognosetraining im Rahmen von Übungsklausuren. Prognosetraining heißt, dass ich die Situation so trainieren muss, wie sie sich im Ernstfall stellt. Das heißt: Zeitlimit einhalten, keine Aufbauschemata, keine Skripte oder Lehrbücher, keine Mitschriften aus dem Kurs oder ähnliches. Nur der Aufgabentext, Gesetzestexte und Schreibmaterial. Um den wirklichen Ernstfall zu simulieren, geben wir in unserem staatlich zugelassenen K1-Fernklausurenkurs beispielsweise ein Klausurheft pro Monat heraus, das einen exemplarischen Examensdurchgang enthält. So lässt sich die Klausursituation nah an der Realität überprüfen! Wer gerade mit den Formulierungen in der Klausur, dem Zeitmanagement oder der Selbstorganisation in der Klausur Probleme hat, dem empfehle ich für die Examensvorbereitung Jura das Skript „Methodik der Fallbearbeitung im Studium und Examen“ von meinem Kollegen Dr. Jan Stefan Lüdde. Mit vielen hilfreichen Tipps, durch die ich meine Punktzahl in der Klausur nochmal deutlich verbessern kann!
Herr Sommer, wir danken für das aufschlussreiche Gespräch!
ist Rechtsanwalt und als geschäftsführender Gesellschafter in der Zentrale von Alpmann Schmidt für alle Publikationen im Öffentlichen Recht verantwortlich. Als langjähriger Repetitor und Herausgeber der RechtsprechungsÜbersicht (RÜ) und RechtsprechungsÜbersicht 2 (RÜ2) ist er auf die Examensvorbereitung spezialisiert.
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Stand: Oktober 2023