Grundrechte-Klausuren im Examen – Mythos und Wirklichkeit
Ein Beitrag von Christian Sommer, Rechtsanwalt und Repetitor bei Alpmann Schmidt
Die Examensklausur aus dem Bereich Grundrechte – für viele Studierende ein rotes Tuch, der „Endgegner“ oder einfach die „Laberklausur“. Viele Mythen ranken sich um diesen Klausurgegenstand, nur wenige davon treffen zu. Ein Aufklärungsversuch.
Mythos 1: Eine Grundrechte-Klausur im Examen ist Pflicht!
Viele Studierende sind der Auffassung, dass im Examen zwingend eine Klausur aus dem Bereich Grundrechte geschrieben werden müsste. In der Absolutheit stimmt das sicherlich nicht.
Zwar werden in den meisten Bundesländern zwei Klausuren im Öffentlichen Recht geschrieben und sehr häufig stammt eine von beiden Klausuren aus dem Bereich des Verfassungsrechts. Das Verfassungsrecht umfasst aber nicht nur die Grundrechte, sondern auch das Staatsorganisationsrecht.
Es ist also denkbar, dass auch eine rein staatsorganisationsrechtliche Klausur gestellt wird – oder sogar zwei verwaltungsrechtliche Klausuren.
Mythos 2: In der Lösung einer Grundrechte-Klausur wird nur herumgelabert!
Dem Gerücht begegnet man ebenso häufig und es ist ebenso falsch. Man muss sogar noch weiter gehen: Das Gegenteil ist der Fall!
Denn ab dem ersten Semester – Grundrechte werden oft am Anfang des Studiums gelesen – kommen die Studierenden mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Kontakt und verwechseln die dort geführte strukturierte und schematische (!) Diskussion des Für und Wider mit „Herumgelaber“. Das Öffentliche Recht und gerade die Grundrechte zeichnen sich aber durch ein strikt einzuhaltendes Schema aus.
Deshalb: Die Punkte holt, wer die Argumente nicht im luftleeren Raum zu wiegen versucht, sondern strukturiert an der richtigen Stelle einordnet.
Mythos 3: In einer Grundrechte-Klausur müssen nur Argumente diskutiert werden, eine Struktur braucht es nicht!
Die Fortsetzung des vorherigen Gerüchts – und falsch. Der richtige Klausuraufbau und die strikte Einhaltung des Prüfungsschemas sind nicht nur Pflicht, sondern als juristisches Handwerkszeug Grundvoraussetzung für eine gelungene Klausur.
Eine Grundrechte-Klausur wird nur bestehen, wer den richtigen Klausuraufbau in diesem Bereich beherrscht. Das will eingeübt werden, hängt doch der genaue Aufbau von einigen Variablen ab (z.B. der Art der Einschränkungsmöglichkeit des jeweiligen Grundrechts).
Mythos 4: Grundrechte-Klausuren sind sterbenslangweilig!
Auf gar keinen Fall! Die Grundrechte durchziehen unsere gesamte Rechtsordnung, müssen doch alle rechtlichen Vorschriften an Ihnen gemessen werden. Deshalb sind sie auch im alltäglichen Leben viel stärker involviert, als man sich das gemeinhin vorstellt.
Und es entwickeln sich immer wieder neue Problemstellungen: So haben beispielsweise die Klimaproteste einen großen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der Versammlungsfreiheit!
Wie bereite ich mich auf die Grundrechte-Klausur vor?
Nachdem einige Mythen beseitigt sind, abschließend ein Tipp für die richtige Vorbereitung und damit eine Antwort auf die von Studierenden immer wieder gestellte Frage: Verinnerlichen Sie das Aufbauschema der Grundrechtsprüfung und die korrekten Obersätze der einzelnen Prüfungsabschnitte.
Üben Sie dann Aufbau und Formulierungen an so vielen Fällen wie möglich ein. Denn eine Grundrechte-Klausur strukturiert aufzubauen und dabei alle Hinweise aus dem Sachverhalt zu berücksichtigen, wird Ihnen nur gelingen, wenn Sie sich oft mit unterschiedlichen Fallgestaltungen auseinandersetzen. So gelingt es dann auch, den „Endgegner“ zu besiegen.
Christian Sommer ist Rechtsanwalt und als geschäftsführender Gesellschafter in der Zentrale von Alpmann Schmidt für alle Publikationen im Öffentlichen Recht verantwortlich. Als langjähriger Repetitor und Herausgeber der RechtsprechungsÜbersicht (RÜ) und RechtsprechungsÜbersicht 2 (RÜ2) ist er auf die Examensvorbereitung spezialisiert.