Frankfurter Festhalle, 2018: Zwölftausend Menschen erleben einen neunzigminütigen Moment, im Hier und Jetzt, in dem sich alle einig sind, Bedeutendes, Aktuelles, Dringliches zu erleben. Kendrick alleine auf der Bühne, flüsternd, tackernd, rasend, die Band versteckt hinter der Bühne, er alleine, für alle, mit allen, gegen alle. Im HipHop haben jene die Möglichkeit zu sprechen, denen zuvor wenige zuhören wollten, die man übersehen und überhören konnte. Und Kendrick Lamar ist der größte Rapper der Welt.
Der Essay »Living life like rappers do« nähert sich Kendrick Lamars Werk auf unterschiedliche Weisen an. In Close Readings der Texte. In einem Vergleich mit Bushidos »Eine Kugel reicht«. Und in Blicken nach links und rechts, zu den anderen, zum Trap, zum Emo-Rap, aber auch zur Rebellion im Rock vergangener Jahrzehnte. Kendrick Lamar erzählt von einer echten Welt da draußen, aber er erzählt auch Geschichten. Der Essay soll helfen, Kendrick Lamars Kunst, seine Musik, seine Texte, seine Videos besser zu verstehen. Er ist auch der Versuch, in deutscher Sprache dem Rap als wichtigster Musik (und Lyrik) der jüngeren Gegenwart gerecht zu werden. Es ist ein Text auch aus der Distanz, aus der deutschen Muttersprache und aus Deutschland, aus einer Mittelschichtsbiografie. Es ist ein Text, der zeigt, wie Kendrick Lamars Kunst, die immer wieder vom Leben im Ghetto von Compton, L.A., spricht, dennoch Verbindungen und Identifikation herstellen kann.